Evolution

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Die Idee der Evolution wurde zum erstenmal umfassend von Charles Darwin formuliert. Danach entstand die unermessliche Fülle des Lebens aus dem Zusammenspiel von Individuum, Fortpflanzung, Variation und Umwelt.

Inhaltsverzeichnis

Individuum

Evolution erfordert ein lebendiges Individuum, das sich von seiner Umwelt und anderen Individuen unterscheidet. Nur an einem solchen Individuum kann ein evolutionärer Prozess wirken. Das Individuum ist durch eine einzigartige Zusammenstellung von Eigenschaften definiert. Die Definition der Eigenschaften ist Bestandteil des Individuums. Wir wissen heute, dass sie in den Genen des Lebewesens verankert ist.

Die Individualität ist jedoch nicht ausreichend. Zusätzlich muss sich das Individuum fortpflanzen können.

Fortpflanzung

Durch Fortpflanzung "kopiert" sich ein Individuum selbstständig und gibt dabei alle Eigenschaften an seinen "Doppelgänger" weiter. Nur lebende Objekte sind in der Lage, selbstständig eine Kopie von sich selbst zu erzeugen. Dabei ist die direkte Kopie nur auf sehr einfache Lebewesen beschränkt. Alle höheren, komplexen Lebewesen kopieren sich nicht einzeln, sondern benötigen einen Partner. Beide Individuen zusammen sind dann in der Lage, ein neues Individuum zu erzeugen, dass Teile der Eigenschaften von beiden Ursprungsindividuen (Eltern) enthält. Es ist jedoch mit keinem der beiden identisch.

Variation

Aufgrund der Unberechenbarkeit der Wirklichkeit findet eine vollständige Weitergabe von Eigenschaften praktisch nie statt. Bei jedem "Kopiervorgang" entsteht deshalb nicht ein identischer Doppelgänger, sondern ein neues Individuum mit gegenüber seinem "Erzeuger" geringfügig veränderten Eigenschaften.

Bei geschlechtlicher Fortpflanzung ist die Variation der Eigenschaften sogar systembedingt. Jedes Geschlecht liefert nur einen Teil der Eigenschaften eines Nachkommen. Dies führt zu einer großen Vielfalt an Individuen.

In dem Buch Die Lösung von Darwins Dilemma wird gezeigt, dass die Kernprozesse des Lebens so modular aufgebaut sind, dass kleine Änderungen an den Ausgangsbedingungen große Änderungen im Ergebnis - dem Phänotyp eines Lebewesens - bewirken, ohne den Organismus gravierend zu gefährden.

Umwelt

Erst das Zusammenspiel aus Individuum und Umwelt schließt den notwendigen "Regelkreis" für einen evolutionären Prozess. Dank seiner Eigenschaften ist das Individuum in der Lage, sich innerhalb einer vorgegebenen Umgebung fortzupflanzen. Gelingt ihm das gut, so wird es viele "Doppelgänger" mit ähnlichen Eigenschaften geben, gelingt es ihm schlecht, so sind nur wenige Doppelgänger vorhanden. Da die Umwelt immer in Grenzen dynamisch und unvorhersehbar ist, sterben viele der so entstandenen Individuen bzw. sind nicht in der Lage, weitere "Kopien" zu zeugen. Sterben mehr als Neue entstehen, so sind die Eigenschaften für ein Überleben innerhalb der gegebenen Umwelt nicht geeignet und sie verschwinden mit den Individuen. Entstehen dagegen mehr Doppelgänger als unter den gegebenen Umweltbedingungen sterben, so verbreiten sich die Eigenschaften und es gibt immer mehr Individuen mit diesen Eigenschaften.

Es werden also nur Individuen "überleben" und weitere Nachkommen bilden, deren Eigenschaften eine Vermehrung innerhalb der gegebenen Umwelt begünstigen. Dabei ist zu beachten, dass andere Individuen Teil der Umwelt eines Individuums sind. Individuen beeinflussen sich also gegenseitig in ihrer evolutionären Entwicklung.

Evolution und Mensch

Im Falle des Menschen hat sich die Qualität der Evolution geändert. Während die Überlebensfähigkeit eines Individuums bis zur Entstehung der menschlichen Kultur weitgehend durch dessen physischen (und damit genetisch bedingten) Eigenschaften definiert waren, gelang es dem Menschen, sich über diese Begrenzung hinweg zu setzen. Dank seiner Intelligenz war er in der Lage, seine physischen Eigenschaften zu verändern, ohne dass irgend eine evolutionäre Kraft wirken musste. Er konnte die Reichweite seiner Arme verlängern, die Kraft seiner Muskeln vergrößern und sich gegen Kälte und Nässe schützen. Er war durch Sprache in der Lage, je nach Bedarf über 2, 4 oder 1000 Hände zu verfügen, die koordiniert zu einem Zweck eingesetzt werden konnten.

Das heißt aber nicht, dass die Evolution beim Menschen keinerlei Wirkung mehr zeigt. Die Fähigkeit, all dies zu tun, hing und hängt nämlich nach wie vor von individuellen Eigenschaften ab: Intelligenz, Überzeugungskraft, Wirkung auf andere Menschen. Sollten diese Eigenschaften genetisch weiter gegeben werden, so würde die Evolution auch weiterhin auf den Menschen wirken. Eigenschaften, die uns innerhalb bestimmter kultureller und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen besondere Vorteile (oder weniger Nachteile) für unseren Fortpflanzungserfolg bringen, würden sich verbreiten. Eigenschaften, die diesen Erfolg reduzieren, würden verschwinden. Besonders die durch unser Gehirn bedingten "geistigen" Eigenschaften sind hier maßgebend - und es spricht einiges dafür, dass einige grundlegende Eigenschaften genetisch bedingt sind.

Dabei entsteht jedoch im Falle des Menschen ein "Kurzschluss". Unsere Kultur und Gesellschaft hängt in bedeutendem Maße von unseren geistigen (kognitiven) Eigenschaften ab. Gleichzeitig fördert eine Gesellschaft bestimmte kognitive Eigenschaften und deren Verbreitung während andere ohne Bedeutung oder nachteilig sind. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass sie genau die Eigenschaften fördert, die ihr in Zukunft schaden.

Ein Beispiel: Eine Gesellschaft, die auf "Sanftmut" und "Kompromissfähigkeit" aufbaut, bietet risikofreudigen und aggressiven Menschen möglicherweise gute Überlebens- und Fortpflanzungsmöglichkeiten, da diese sich leicht über die vielen Sanftmütigen hinwegsetzen können. In wenigen Generationen würde die Zahl der Aggressiven zunehmen (vorausgesetzt, diese Eigenschaft ist genetisch vererbbar) und dies würde natürlich die Gesellschaft verändern - möglicherweise in einer Form, die den Fortpflanzungserfolg der Sanftmütigen wieder erhöht.

Dies ist - zugegeben - ein simples Beispiel. Tatsächlich sind es viele Eigenschaften, die über unseren Fortpflanzungserfolg entscheiden und bei vielen wissen wir keineswegs, ob oder wie weit sie genetisch bedingt sind. Trotzdem lässt sich nicht ausschließen, dass gesellschaftliche Veränderungen durch Veränderungen der menschlichen Eigenschaften begleitet oder gar durch sie verursacht werden.

Evolution ist ein Wettbewerb 
bei dem sich die Regeln 
- die niemand kennt - 
ständig ändern.

Chantal Schumpeter

Evolution und Gentechnik

Besonders kritisch wird es, wenn jetzt auch noch die Möglichkeit der direkten genetischen Manipulation hinzu kommt.

Unsere genetischen Eigenschaften sind kein beliebiges Sammelsurium von anzukreuzenden Optionen, kein "Wie hätten's denn gern"-Katalog. Sie beruhen auf eng mit einander verzahnten und voneinander abhängigen Mechanismen, die in einem komplexen Zusammenspiel von Körper, Umwelt und Zeit einen Menschen zu dem werden lassen, was er ist. Wer zur Optimierung in dieses Programm eingreift, wird nur selten und eher zufällig einen bestimmten Effekt erzielen. Viel häufiger wird er ein Bündel von Effekten auf unterschiedlichen Gebieten bewirken - unvorhersagbar und oft erst nach Jahren in allen Konsequenzen sichtbar. Manche Ergebnisse dürften erst nach der Pubertät eines Menschen auftreten - andere vielleicht erst bei den Nachkommen.

Unabhängig von dieser Ungewissheit bleibt die Frage - auf welches Ziel hin optimiert werden soll. Gesellschaft und Umwelt verändern sich. Was heute gilt kann morgen schon überholt sein. Die Vorlieben der Menschen sind eine Kombination aus genetischer Disposition und gesellschaftlichen Einflüssen. Sie beruhen auf einer Millionen Jahre langen Entwicklung und auf kurzlebigen Moden. Dabei sind unsere genetischen Eigenschaften eine Art Stabilisator der gesellschaftlichen Prozesse. Sie geben den roten Faden vor und sie sind ein Bindeglied zur Vergangenheit der Menschen. Oder mit einem Begriff aus der Regelungstechnik: sie sind das Dämpfungsglied im evolutionären Regelkreis. Dieses Dämpfungsglied heraus zu nehmen wird schwerwiegende Folgen haben.

Was passiert, wenn wir uns, bzw. unsere Nachkommen, genetisch "gestalten"? Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich hier einer bizarre "Rückkopplung" bildet - mit katastrophalen Konsequenzen. Doch keine Angst: spätestens wenn die Menschheit wieder soweit degeneriert ist, dass sie nicht länger über die technischen Voraussetzungen für gentechnische Manipulationen verfügt, wird sich der normale Evolutionsprozess wieder einstellen - vorausgesetzt, der Mensch hat sich nicht selbst vernichtet.

Für Skeptiker

Nach wie vor wird heftig über die Theorie der Evolution diskutiert. In einem Skript der Bionik-Vorlesung an der TU-Berlin [1] [2] werden Beispiele für experimentelle Anwendungen der Evolutionstheorie auf technische Probleme dargestellt. Vielleicht hilft das Skeptikern bei der Hinterfragung ihrer Zweifel.

Video, das anhand einfacher Simulationen die wesentlichen Einflüsse der Evolution veranschaulicht

Ein Diskussionsbeitrag zur Evolutionstheorie: Ist die Evolutionstheorie noch zu retten? von Christoph Plieth

...und eine Antwort von Diethardt Tautz

Simulation mit JavaScript Paricle Life 3D


Evolution oder Design

Gegen die Evolutionstheorie wird immer wieder argumentiert, sie könne die Komplexität lebendiger Strukturen nicht vollständig erklären. (Siehe z. B. https://www.si-journal.de/index2.php).

Das ist insofern richtig, als es uns beim aktuellen Erkenntnistand nicht möglich ist, die Entwicklung der Strukturen des Lebens mit ihren komplexen Vernetzungen auf allen Ebenen detailliert nach zu zeichnen.

Allerdings bedeutet diese Lücke in der Erkenntnis nicht, dass das alternative Erklärungsangebot eines "intelligenten Designers" bessere oder plausiblere Antworten liefert. Die Idee des Designs eines Systems auf Grundlage eines systematischen Planes beruht auf einer zutiefst anthropozentrischen Sicht. Wir Menschen sind in der Lage, Kausalketten mit logischen Verknüpfungen zu bilden, aus denen wir komplexe kausale Denksysteme - wie z.B. die Mathematik zur Beschreibung der Wirklichkeit konstruieren können. Das setzt voraus, dass die Wirklichkeit tatsächlich entsprechenden kausalen Systemen gehorcht und wir die vielen Wechselwirkungen kennen. Unter diesen Umständen können wir Dinge "designen". Allerdings erfordert die Kenntnis der Kausalitäten und Wechselwirkungen viel Vorarbeit durch Versuch und Irrtum und konkrete Experimente - oder einen Allwissenden.

Ohne diese durch Erfahrung gewonnen Erkenntnisse wird die Idee des intelligenten Designs immer dann scheitern, wenn es um neue, nicht erprobte Konzepte geht. Es muss tatsächlich ein allwissender Planer vorausgesetzt werden, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft überblickt, um ein System fehlerfrei so zu entwerfen, dass es mit all seinen Teilsystemen und seiner Umwelt ein sinnvolles Ganzes ergibt.

Die Evolutionstheorie braucht diesen Planer nicht. Sie versteht die Entwicklung von intelligenten Strukturen und Systemen als einen Näherungsvorgang, bei dem sich Strukturen und Systeme in winzigen Näherungsschritten in einem fortlaufenden Experiment den naturgesetzlichen Bedingungen ihrer Umgebung anpassen. Die Prüfung und Bewahrung von Erfahrungen ist zentrales Element der Evolutionstheorie. Sie postuliert eine inhärente Intelligenz des Lebens, dir wir tatsächlich beobachten können.

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