Madeleines und Prompts
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Der französische Schriftsteller Marcel Proust gründet sein Werk "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" auf eine universelle menschliche Erfahrung: der Fähigkeit detaillierte, emotional tief gefärbte Erinnerungen durch einen winzigen Auslöser wie einen Geschmack, einen Geruch oder ein Geräusch ins Bewusstsein zu bringen.
In dem Roman weckt der Geschmack eines Gebäcks - einer Madeleine - beim Erzähler plötzlich die Erinnerungen an seine Kindheit.
Diese Erfahrung, die viele Menschen teilen, belegt, dass unser Gehirn Erinnerungen nicht als einzelne Informationen bewahrt, sondern als gewaltige, zusammenhängende Panoramen, die durch winzige Anlässe ins Bewusstsein gehoben werden können.
Einen ähnlichen Effekt sehen wir bei den modernen KI-Modellen auf Basis riesiger trainierter neuronaler Netze. Ein kleiner Prompt löst die Ausgabe einer großen, inhaltlich konsistenten Textflut aus oder führt zu einem Bild voller Details.
Die Billionen von Informationen sind in dem Netz als komplexe, zusammenhängende Informationsgeflechte hinterlegt, die mit winzigen Einzelinformationen abgerufen werden können.
Es scheint eine Eigenschaft neuronaler Netze zu sein, Informationen in dieser zusammenhängenden Form abzubilden, unabhängig davon, ob es sich dabei um ein Netz aus abstrakten, mathematischen Gebilden oder aus realen biologischen Neuronenzellen handelt.
Prompts sind die Madeleines der KI.


Leben und Prompts
Das Verhalten von künstlichen neuronalen Netzen und deren Eigenschaft, mit einem winzigen Informationsinput riesige, konsistente Informationsausgaben zu erzeugen ist möglicherweise ein viel universelleres Prinzip des Lebens.
Auf allen Ebenen des Lebens kann durch kleine Eingangssignale die Bildung komplexer Resultate angestoßen werden. Grundlage sind jedoch immer hoch komplexe, Strukturen autonom handelnder Einheiten.
Ein paar Photonen im Auge eines Wals lösen eine Kaskade von Proteinreaktionen und in Folge neuronale Vorgänge und die Bewegung eines 100 t schweren Lebewesens aus.
Eine kleine Veränderung am bioelektrischen Muster in einem Zellhaufen von Froschzellen führt zu einem Frosch mit 3 Augen Bioelektrische+Felder+Michael+Levin GoogleTM
Die Prozesse des Lebens können auf allen Ebenen durch kleine "Prompts" ausgelöst werden. Sie benötigen keine präzisen Vorgaben, Checklisten und Pläne - denn die stecken inhärent in den lebendigen Strukturen.